Wählen als Streitthema im Wahljahr
Eine Vortragsreihe der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung (ÖGPB) in Kooperation mit dem Depot und dem Institut für Wissenschaft und Kunst (IWK)
Es wird gewählt. Man erkennt es jedenfalls daran, dass der politische Ton aggressiver geworden ist und Migrant*innen und Geflüchtete wieder einmal im öffentlichen Zentrum gehässiger Aussagen stehen.
Österreich befindet sich mit seinem „Superwahljahr“ in einer weltweiten Reihe mit vielen Staaten, in denen Wahlen vor einer Kulisse der Kluft stattfinden: Die Gesellschaften sind polarisiert wie seit langem nicht mehr, und es gibt mehrere Achsen der Verwerfung: Neben Migration und Asyl sind es Kriege, das ewige „Pulverfass Nahost“, Klimakrise, Inflation und Teuerung, die Rolle der Wissenschaft bei kollektiven Problemlösungen, Menschenrechte oder das sprachliche „Gendern“ und noch vieles mehr. Nicht von ungefähr macht ja das Schreckenswort „Polykrise“ seit einigen Jahren die Runde.
Das Besondere an diesem Wahljahr (jedenfalls in Österreich) ist, dass der Rahmen des Ereignisses, nämlich die Demokratie, ebenfalls eine Achse der Polarisierung bildet, und zwar stärker als wohl je zuvor in der Zweiten Republik. Nicht nur die bisweilen offen demokratiefeindlichen Diskurse, die, von rechtsextremen und rechtspopulistischen „Rändern“ des politischen Spektrums ausgesendet, zunehmend in die „Mitte“ der Gesellschaft rutschen, sind ein Zeichen dafür.
Laut einer Umfrage vom September 2023 waren 41 Prozent der wahlberechtigten Personen in Österreich der Überzeugung, hierzulande solle eine grundlegende Änderung des politischen Systems stattfinden. Einerseits steht die repräsentative Demokratie in Kritik, somit auch die Wahlen als ein wesentliches Instrument davon. Andererseits fühlen sich – einer weiteren Umfrage aus demselben Jahr zufolge – 58 Prozent der Befragten politisch kaum vertreten: Ihre Stimme findet demnach keinen Widerhall in Entscheidungsprozessen. Hinzu kommen die Nicht-Wähler*innen, die etwa gerade bei den Wahlen zum EU-Parlament augenfällig sind.
Dann gibt es eine nicht mehr kleine Gruppe von nicht-österreichischen Staatsbürger*innen, die laut Gesetz (mit einigen kleinen Ausnahmen) nicht wählen darf. Da Staatsangehörigkeit an das Abstammungsprinzip gebunden ist, wird dieser Zustand an die nächste Generation weitervererbt. Gewählte Politiker*innen vertreten also immer weniger Personen und Teile der Bevölkerung. Das beschwört eine zusätzliche, nämlich die Legitimitätskrise der Demokratie, und dies fällt im Wahljahr besonders schwer ins Gewicht.
Sind die Probleme der Demokratie struktureller Natur? Hat die Partizipation durch Wählen ihre Bedeutung gänzlich verloren? Könnte die Vergrößerung des Demos, des Wahlvolkes, diese Krise überwinden helfen, oder bedarf es weiterer Instrumente der Mitbestimmung? Welche Rolle kommt der politischen Erwachsenenbildung zu?
Die ÖGPB setzt ihre seit 2010 stattfindende jährliche Vortragsreihe zur politischen Erwachsenenbildung gemeinsam mit den Kooperationspartnern Depot und Institut für Wissenschaft und Kunst (IWK) auch 2024 fort. In diesen beiden Häusern finden im Herbst 2024 vier Vorträge zu den hier geschilderten Fragen statt.
Datum/Zeit | Veranstaltung |
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Di 08/10/2024 19:00–20:30 | Stefanie Wöhl: Wählen wir die Demokratie? IWK, Wien |
Di 22/10/2024 19:00–20:30 | Gerd Valchars: Wahlrecht für alle? Depot, Wien |
Di 12/11/2024 19:00–20:30 | Markus Pausch: Demokratie-Innovationen als Zukunftsmodell? Depot, Wien |
Di 26/11/2024 19:00–20:30 | Janine Heinz: „Neuer“ Autoritarismus? Depot, Wien |