Die Aufgabe von biographischen Erzählungen ist es nicht, den historischen Lauf der Dinge wiederzugeben oder Wahrheiten mitzuteilen. Sie gestalten vielmehr die Wirklichkeit, und zwar so, dass die Erzählenden in dieser Wirklichkeit leben und es in ihr aushalten können. In der Bildungsarbeit ist es wichtig, über die impliziten Konstruktionsregeln beim biographischen Erzählen informiert zu sein. Dieses Wissen ermöglicht es uns, bei der Arbeit der Re-Konstruktion zumindest ein Stück weit subjektive und historische Wirklichkeit zu unterscheiden. Der Vortrag stützt sich im Hinblick auf die Prinzipien biographischer Konstruktionen auf die Arbeiten von Paul Ricœur, im Hinblick auf bewährte Regeln für das Rekonstruieren von Biographien auf methodologische Überlegungen von Pierre Bourdieu aus dem Projekt über das “Elend der Welt”.
Meinrad Ziegler: ao. Univ.-Prof. am Institut für Soziologie der Universität Linz. Forschungsschwerpunkte: Erinnerungskulturen, Biographieforschung, Arbeit und gesellschaftlicher Wandel.