Siegfried Kracauers frühe Abhandlung über den Detektivroman aus dem Jahr 1925 lässt sich als Vorwegnahme seines Ornaments der Masse (1927) sowie der Angestellten (1930) lesen: Wie wirkt sich der aufklärerische Imperativ der rationalen Erfassung der Welt auf die Handlungsmöglichkeiten des Individuums aus? Wo eröffnen sich Fluchtwege aus den Zwängen der rationalistisch durchkomponierten Gesellschaft und welche Wege führen zu ihr und ihrer Kritik zurück? Derartige Fragen anhand eines populärkulturellen Genres zu stellen war – und ist nach wie vor – ebenso anregend wie diskussionswürdig. Der Impulsvortrag verortet die Abhandlung nicht nur innerhalb des Œuvres des Autors, sondern skizziert auch Verbindungslinien zur Kritischen Theorie, um die soziokulturelle Aktualität Kracauers Diagnosen besprechen zu können.
Lektüre:
Auszüge aus Siegfried Kracauer: Der Detektiv-Roman. Eine Deutung. In: ders. Werke. Bd. 1. Soziologie als Wissenschaft. Der Detektiv-Roman. Die Angestellten. Hg. v. Inka Mülder-Bach. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2006, S. 103–209. – für die gemeinsame Diskussion bitte die Kapitel Psychologie (S. 124–129), Detektiv (S. 140–151), Polizei (S. 152–162) und Ende (S. 206–209) lesen.
Katalin Teller ist habilitierte Universitätsdozentin am Lehrstuhl für Ästhetik an der Eötvös-Loránd-Universität, Budapest. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen die Theorie und Geschichte der Populärkultur, darunter speziell des Zirkus. Zuletzt erschienen von ihr Mi a tömeg a tömegkultúrában? (Was ist die Masse in der Massenkultur?, 2025) sowie Show und Business in Pest-Ofen (verfasst gemeinsam mit Dániel Molnár, 2022). Sie übersetzte neben Siegfried Kracauers Abhandlung Der Detektiv-Roman auch sein geschichtstheoretisches Werk History. The Last Things Before the Last ins Ungarische.
