Ein Emigrantinnen-Schicksal: die Sängerin Leontine Büchler

Datum/Zeit
​Di 01/10/2019
18:30–20:30

Ort
IWK

Typ
Vortrag

Ein Vortrag von Elisabeth Fritsch
Moderation: Primavera Driessen Gruber

Leontine Büchler wurde am 13. Juni 1887 in Pest geboren. Sie besuchte die Mittelschule bis 1902, anschließend studierte sie Gesang an der Akademie in Budapest, ab 1904 in Wien. Nach Engagements in Olmütz, in Augsburg und anderen Orten in Deutschland, auch beim Film, kehrte sie 1926 nach Wien zurück. Hier gab sie Gesangsunterricht, v. a. Amerikaner_innen, die allerdings 1934 Wien verließen. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, arbeitete sie im Schneidereibetrieb ihrer Mutter als Näherin. Im März 1938 flüchtete sie über die Schweiz nach England, wo sie bis Kriegsausbruch als domestic servant, dann als fitterin in einem Kaufhaus arbeitete. 1950 wurde sie britische Staatsangehörige. 1956 suchte sie bei der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt um eine Alterspension an. Die Versicherungsanstalt der Arbeiter und die der Angestellten stritten jahrelang, wer für die Auszahlung der Pension zuständig sei, um Pensionsantrittsdatum und Bemessungsgrundlage. Der Streit endete letztlich 1975 mit einem Vergleich – von der Nachzahlung konnte sie eine elektrische Heizung statt des Kohleofens einbauen lassen. Für Reisen, um ihre Verwandten und alten Freunde zu besuchen, wofür sie jetzt das Geld gehabt hätte, war sie schon zu schwach. Besuche kamen nur selten nach Hawick in Schottland, wohin sie 1958 zu ihrer Schwester, die dort eine Textilfabrik leitete, übersiedelt war. Leontine Büchler starb am 18. September 1978 in einem Krankenhaus in Hawick.
Elisabeth Fritsch, geb. 1941 in England, kam 1945 mit ihrer Mutter nach Wien, Pharmazie-Studium, bis 2002 im Bundesdienst.
Primavera Driessen Gruber, forscht und publiziert zu NS-Verfolgung von Musikschaffenden und Musik-Exil aus Österreich. In Vorbereitung: Österreichisches Biografisches Handbuch der NS-verfolgten Musikschaffenden